Aktuelle Rechtsprechung


LG Paderborn v. 12.3.2024 - 2 O 325/23
Das bloße Verlinken der Datenschutzhinweise, die wiederrum einen Verweis auf Marketingaktivitäten nebst Hinweis auf einen Abmeldelink enthalten, erfüllt nicht die Anforderungen an einen klaren und deutlichen Hinweis auf das Widerspruchsrecht bei Erhebung der Adresse. Es genügt nicht, wenn in der Datenschutzerklärung ausgeführt wird, dass die Kundendaten für Werbezwecke genutzt werden und sich der Empfänger von der E-Mail-Marketingkommunikation abmelden kann, insbesondere wenn dieser Hinweis - ohne textliche Hervorhebung - auf Seite 23 eines 26 Seiten umfassenden Schriftstücks enthalten ist.

EuG v. 10.4.2024 - T-411/22
Die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für 2022 ist rechtswidrig. Der Einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) hat eine durch die einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegte jährliche Obergrenze überschritten.

LAG Schleswig-Holstein v. 11.10.2023 - 6 Sa 48/23
Eine Angestellte verklagte ihren ehemaligen Arbeitgeber auf Schadensersatz, da sie von ihren Kolleginnen gemobbt worden sei, was bei ihr zu Gesundheitsbeeinträchtigungen geführt habe. Das LAG Schleswig-Holstein hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht hinreichend bewiesen. Ein ärztliches Attest mit „mobbingtypischem“ Befund sei dafür nicht ausreichend. Ebenso fehlte es dem Gericht an einem Beweis der erforderlichen Kenntnis des Beklagten von den behaupteten Mobbinghandlungen der Kolleginnen.

AG Hannover v. 30.1.2024 - 510 C 7814/23
Muss der Verkäufer einer Schlafzimmereinrichtung einschließlich Bett und Matratze unaufgefordert über den Härtegrad der Matratze aufklären und beraten? Das AG Hannover hat diese Fragen verneint. Das Gericht entschied, dass ein Verkäufer im Grundsatz nur dann über den Härtegrad einer Matratze aufklären und beraten muss, wenn der Käufer danach fragt.

EuGH v. 27.3.2024 - C-639/23 P(R)
Gemäß der Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste hat die EU-Kommission Amazon als sehr große Online-Plattform benannt. Das bedeutet, dass Amazon ein Werbearchiv mit detaillierten Informationen über ihre Online-Werbung öffentlich zugänglich machen muss. Der EuGH hat den Antrag von Amazon auf Aussetzung dieser Pflicht zurückgewiesen.

LG Frankenthal v. 25.1.2024 - 7 O 13/23
Ein Architekt, der bei der Gebäudesanierung seine Kunden nicht nur in technischer Hinsicht berät, sondern auch Ratschläge zum Erhalt von Fördermitteln erteilt, muss für Schäden einstehen, wenn er die Fördervoraussetzungen fehlerhaft einschätzt. Das hat das LG Frankenthal (Pfalz) entschieden. Die Richter betonen, der Architekt könne sich nicht im Nachhinein darauf berufen, er arbeite im Rahmen der Energieberatung nur auf technischer Ebene. Sie gaben der Klage einer Frau aus Ludwigshafen statt, der im Nachhinein die Auszahlung von KfW-Fördermitteln für die energetische Sanierung ihres Hauses verweigert wurde.

LG Oldenburg v. 15.3.2023 - 16 O 2015/23
Das LG Oldenburg hat eine Klage auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen der Verletzung durch einen bei McDonald‘s verkauften Tee abgewiesen. Die Klägerin hatte sich durch unbeabsichtigt verschütteten Tee am Oberschenkel verbrüht. Das LG konnte aber keine Pflichtverletzung auf Seiten des Schnellrestaurants erkennen.

Zwei Wochen nach dem Ablauf der Umsetzungsfrist für das Gesetz über digitale Märkte (DMA) hat die Europäische Kommission erste Untersuchungen wegen Nichteinhaltung eingeleitet. Betroffen sind die Gatekeeper Alphabet, Apple und Meta. Konkret geht es um Alphabets Regeln zur Lenkung in Google Play und zur Selbstreferenzierung in der Google-Suche, Apples Regeln zur Lenkung im App Store und zur Auswahl von Browsern und zur Änderung von Standardeinstellungen sowie Metas “Bezahl- oder Zustimmungsmodell“.

KG Berlin v. 11.1.2024 - 8 U 24/22
KG Berlin hat die Haftung eines Gewerbemieters für einen Brandschaden bestätigt, der beim gleichzeitigen Laden mehrerer Akkus auf einem Holzregal entstanden war. Insoweit sei eine Pflichtverletzung anzunehmen, da dem Gewerbemieter nach den Umständen die Brandgefahr in der konkreten Situation bekannt hätte sein müssen. Der Gewerbetreibende hatte Akkus verwendet, die vom Hersteller des Ladegeräts nicht freigegeben waren.

Deutschland macht von dem vorgesehenen Mitgliedstaatenwahlrecht Gebrauch und ermöglicht die Weiterführung der Payment-for-Order-Flow-Praxis im Inland bis Mitte 2026.

OLG Frankfurt a.M. v. 13.3.2024 - 13 U 180/22
Der Lagervertrag zwischen einer Anlagegesellschaft für Goldanlagen und dem Betreiber eines Hochsicherheitslagers entfaltet keine Schutzwirkung zugunsten der Anleger. Ohne Kenntnis des kriminellen Vorgehens der Anlagegesellschaft bestehen auch keine Ansprüche der geschädigten Anleger gegen die Lagerhalterin wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Das OLG Frankfurt a.M. hat die Berufung des klagenden Anlegers auf Zahlung von gut 250.000 € zurückgewiesen.

Die Mehrheit der EU-Staaten hat für ein gemeinsames europäisches Lieferkettengesetz gestimmt. Die deutsche Bundesregierung hatte dagegen gestimmt, jedoch unterstützt eine ausreichende Mehrheit in der EU das Gesetz zum Schutz der Menschenrechte. Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss das Europäische Parlament der Vorlage noch zustimmen. Diese Zustimmung gilt aber als sehr wahrscheinlich.

BayObLG v. 28.2.2024 - 101 MK 1/20
Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat der Musterfeststellungsklage eines Verbraucherschutzverbands gegen die Sparkasse Nürnberg teilweise stattgegeben. Die Entscheidung betrifft insbesondere die Anpassung variabler Vertragszinsen in Prämiensparverträgen mit unwirksamer Zinsklausel und die Kündbarkeit von Prämiensparverträgen.

EuGH v. 7.3.2024 - C-604/22
Wenn ein Nutzer eine Website oder eine Anwendung mit einem Werbeplatz aufruft, können Werbeunternehmen, Datenbroker und Werbeplattformen, die Tausende von Werbetreibenden vertreten, anonym in Echtzeit Gebote abgeben, um diesen Werbeplatz zu erhalten und dort auf das Profil des Nutzers abgestimmte Werbung anzuzeigen (Real Time Bidding). Bevor jedoch eine solche gezielte Werbung angezeigt wird, muss die vorherige Einwilligung des Nutzers zur Erhebung und Verarbeitung seiner Daten (insbesondere seinen Standort, sein Alter, den Verlauf seiner Suchanfragen und seine zuletzt getätigten Einkäufe betreffend) für bestimmte Zwecke, wie u.a. Marketing oder Werbung, oder zum Austausch dieser Daten mit bestimmten Anbietern eingeholt werden. Der Nutzer kann dem auch widersprechen.

Apple, Alphabet, Meta, Amazon, Microsoft und ByteDance müssen ab dem 7. März 2024 alle Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Märkte (Digital Markes Act, DMA) vollständig einhalten. Die sechs Unternehmen wurden im September 2023 als Torwächter (Gatekeeper) von der EU-Kommission benannt. Sie hatten sechs Monate Zeit dafür, die neuen Regeln umzusetzen.

LG Frankenthal v. 20.2.2024 - 8 O 259/22
Das LG Frankenthal (Pfalz) hat die vor allem auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichtete Klage einer Frau aus Rheinland-Pfalz wegen vermeintlicher Impfschäden gegen die Herstellerin des Corona-Impfstoffs „Comirnaty“ abgewiesen.

Die Europäische Kommission hat gegen Apple wegen Missbrauchs seiner beherrschenden Stellung auf dem Markt für den über seinen App Store laufenden Vertrieb von Musikstreaming-Apps an iPhone- und iPad-Nutzer („iOS-Nutzer“) eine Geldbuße iHv über 1,8 Mrd. € verhängt. Insbesondere stellte die Kommission fest, dass Apple App-Entwickler Beschränkungen auferlegte, die sie daran hinderten, iOS-Nutzer über alternative und billigere Musikabonnements zu informieren, die außerhalb der App zur Verfügung stehen. Das verstößt gegen das EU-Kartellrecht.

LG Koblenz v. 18.1.2024 - 1 O 258/22
Das LG Koblenz hat Schadensersatz- und Auskunftsansprüche einer Klägerin gegen die Herstellerin des Impfstoffs Comirnaty abgelehnt. Die Klägerin habe die nach einer Impfung behaupteten Gesundheitsschäden nicht hinreichend substantiiert. Insbesondere legte die Klägerin nach Ansicht des Gerichts ihren Gesundheitszustand vor der Impfung und eine Kausalität der Impfung hinsichtlich der vorgetragenen Gesundheitsschäden nicht ausreichend dar.

BVerfG v. 14.2.2024 - 2 BvR 1816/23
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde eines wegen der Beteiligung an sog. "Cum-Ex"-Geschäften zu einer Freiheitsstrafe Verurteilten nicht zur Entscheidung angenommen. Dieser wendet sich gegen die Verwerfung seiner Revision gegen das Strafurteil durch den BGH.

LG Köln v. 20.11.2023 - 22 O 43/23
Das LG Köln hat eine Bank verurteilt, einem Kunden ca. 10.000 € zu erstatten, die von dessen Girokonto als unautorisierte Zahlungen durch einen Dritten abgebucht worden waren. Der Kunde war Opfer eines Phishing-Angriffs mittels Call-ID Spoofing (hier: durch Anzeige der Telefonnummer der Bank) geworden. In dem konkreten Fall könne dem Kunden keine grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden, meinte das Gericht.