Aktuelle Rechtsprechung


EuGH v. 16.1.2023 - C-339/21
Telekommunikationsbetreiber können verpflichtet werden, auf Verlangen einer Justizbehörde gegen die Zahlung von Pauschalsätzen Leistungen zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs zu erbringen. Das Unionsrecht verlangt keine vollständige Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten.

LG Koblenz v. 11.1.2023 - 15 O 47/22
Haftet der Pächter einer Tankstelle und der Hersteller von Dieselkraftstoffen, wenn 7 Tage nach der Betankung Metallspäne im Kraftstoffsystem gefunden werden und der Motor eines Kraftfahrzeugs hierdurch einen erheblichen Schaden erleidet?

Die DWS Investment GmbH erkennt die Ansprüche der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kurz vor der mündlichen Verhandlung an und gibt die geforderte Unterlassungserklärung ab. Hintergrund der Streitigkeit waren Werbeaussagen zu angeblich nachhaltigen Geldanlagen der DWS.

LAG Nürnberg v. 13.12.2022 - 7 Sa 168/22
Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechtes liegt vor, wenn einem männlichen Bewerber um eine Stelle abgesagt wird mit der Begründung, "unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände".

OLG Celle v. 29.12.2022 - 13 U 3/22
Ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande - das lernt ein Jurist am Anfang seines Studiums. Was bei diesem vermeintlich einfachen Vorgang schiefgehen kann, illustriert eine Entscheidung des OLG Celle mit erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat heute gegenüber der Silicon Valley Bank Germany Branch aufgrund der bestehenden Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber Gläubigern ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen. Außerdem ordnete die BaFin an, die Bank für den Verkehr mit der Kundschaft zu schließen (Moratorium). Die Maßnahmen der BaFin sind sofort vollziehbar, aber noch nicht bestandskräftig.

LG Düsseldorf v. 11.1.2023 - 12 O 71/21
Das LG Düsseldorf hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Blogger sich im Internet kritisch über ein Finanzprodukt geäußert hatte. Diese Kritik enthalte unwahre Tatsachenbehauptungen, meinte der Finanzdienstleister. Letztlich scheiterte jedoch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Das Bundeskartellamt hat Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp einer Mio. Euro gegen vier Dortmunder Bauunternehmen wegen Absprachen bei Ausschreibungen von Straßenbauarbeiten verhängt. Das Verfahren ging auf einen Kronzeugenantrag eines weiteren tatbeteiligten Unternehmens, der Gehrken Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG, zurück, dem in Anwendung der gesetzlichen Regelung das Bußgeld erlassen wurde.

BGH v. 8.11.2022 - II ZR 91/21
Gegen den Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH, der unter Verletzung seiner gesellschafterlichen Treuepflicht eine materiell unrichtige Gesellschafterliste einreichen will, steht dem von der Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter ein Unterlassungsanspruch zu, den er mit der vorbeugenden Unterlassungsklage geltend machen kann.

Die Europäische Kommission hat beschlossen, Tschechien, Deutschland, Estland, Spanien, Italien, Luxemburg, Ungarn und Polen vor dem EuGH zu verklagen, weil die Länder die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, nicht vollständig umgesetzt und die Umsetzungsmaßnahmen nicht mitgeteilt haben.

EuGH v. 16.2.2023 - C-312/21
Das einschlägige Unionsrecht steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach in dem Fall, dass dem Antrag teilweise stattgegeben wird, jede Partei ihre Kosten und die Hälfte der gemeinsamen Kosten trägt. Die Informationsasymmetrie zwischen den Parteien bleibt bei der Beurteilung der Möglichkeit für ein nationales Gericht, den durch eine solche Zuwiderhandlung verursachten Schaden zu schätzen, unberücksichtigt.

Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat eine Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. gegen die CTS EVENTIM AG & Co. KGaA im Klageregister auf seiner Internetseite öffentlich bekannt gemacht. Verbraucherinnen und Verbraucher können jetzt ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zu dieser Klage zur Eintragung in das Register anmelden.

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Der Bundestagsbeschluss zum Schutz von Whistleblowern hat am 10.2.2023 nicht die erforderliche Zustimmung im Bundesrat erhalten. Es kann daher nicht in Kraft treten. Bundesregierung und Bundestag haben nun die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um mit den Ländern über einen Kompromiss zu beraten.

OLG Düsseldorf v. 14.11.2022 - 12 W 17/22
Allein die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei der der Gesellschafter die Geschäftsanteile gegen ein Entgelt treuhänderisch für eine andere, nicht genannte Person hält, und auf deren Weisung einen Geschäftsführer einsetzt, dessen Qualifikation er nicht überprüft hat, stellt keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu Lasten der Gesellschaft oder (künftiger) Gesellschaftsgläubiger dar.

OLG Hamm v. 19.12.2022 - 11 W 69/22
Zu der Frage, ob das unzulässige Speichern personenbezogener Daten im Rahmen der Arbeitsverwaltung auch dann, wenn die Daten nicht weiter verarbeitet wurden, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in einem Umfang verletzt, der einen Schadensersatzanspruch aus einer Amtshaftung oder gem. Art. 82 DSGVO begründen kann.

Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 23 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island (Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz, kurz CPC-Netz) haben die Ergebnisse einer Überprüfung („Sweep“) von Einzelhandelswebsites veröffentlicht. Die Kontrolle erstreckte sich auf 399 Online-Shops von Einzelhändlern, die Waren von Textilien bis Elektrogeräten verkaufen. Schwerpunkt der Kontrolle waren drei bestimmte Arten manipulativer Praktiken, sog. Dark Patterns, die Verbraucherinnen und Verbraucher häufig dazu veranlassen, Entscheidungen zu treffen, die möglicherweise nicht in ihrem Interesse liegen. Dazu gehören falsche Countdown-Zähler, Websites, die so angelegt sind, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher zu Käufen, Abonnements oder anderen Entscheidungen gedrängt werden, und verborgene Informationen. Die Untersuchung ergab, dass 148 Websites mindestens eines dieser drei Dark Patterns enthielten.

OLG Frankfurt a.M. v. 16.1.2023 - 2 Ws 7/23
Macht ein Angeklagter wegen des Verdachts des Betriebs eines Schnellballsystems über Goldanlagen keine Angaben zum Verbleib der Tatbeute (hier: über 140 Mio. €), kann sich dies zu seinen Lasten im Rahmen der Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes nach Verbüßung von 2/3 der Freiheitsstrafe auswirken. Der vom LG vorliegend außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wurde vom OLG wieder in Vollzug gesetzt. Der Angeklagte hat u.a. wegen der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe einen erheblichen Fluchtanreiz.

Das Bundeskartellamt hat der Arbeitsgemeinschaft von Hilfsmittelverbänden (ARGE) seine vorläufigen Ermittlungsergebnisse im Verfahren wegen gemeinsamer Preisaufschläge zu Lasten der Krankenkassen zur Stellungnahme übersandt. Die ARGE repräsentiert einen Großteil der relevanten Leistungserbringer (insb. Sanitätshäuser) für Hilfsmittel im Bereich Reha und Pflege (Rollatoren, Sitzhilfen u.v.m.).

BGH v. 8.12.2022 - IX ZB 72/19
Nach dem autonomen internationalen Insolvenzrecht hindert ein in einem Drittstaat gestellter Eröffnungsantrag allein nicht die internationale Zuständigkeit deutscher Insolvenzgerichte.